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Terror in Neuseeland
Beten für ein Land in Schockstarre

Einen Tag nach den Anschlägen von Christchurch mit 49 Toten steht Neuseeland noch immer unter Schock. Mit spontanen Spendensammlungen, Konzerten und Gebeten versuchen die Einwohner von Christchurch, ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen. Derweil lobt die neuseeländische Premierministerin die Arbeit der Polizei.

Von Lena Bodewein | 16.03.2019
Ministerpräsidentin Jacinda Ardern bei einer Pressekonferenz in Christchurch
36 Minuten nach den Anschlägen wurde der Attentäter von Christchurch verhaftet - Premierministerin Arden lobt die Arbeit der Polizei (AFP / Office of Prime Minister New Zealand / Marty Melville)
"Für ein Land, das leidet, bitten wir dich Herr, sei bei uns.
Für eine Stadt, die leidet, sei bei uns.
Für unsere toten Brüder und Schwestern Herr, sei bei ihnen."
Menschen halten sich in den Armen, sie singen und beten bei einer spontanen Mahnwache in Christchurch. Die Neuseeländer haben nicht nur schon Millionen von Euro für die Angehörigen der Opfer gesammelt – sie arbeiten mit allem, was ihnen wichtig ist, daran, den Schock dieses Attentats aufzuarbeiten.
Sie umarmen sich spontan, trösten sich, Reporter umarmen ihre Interviewpartner, der Imam einer der beiden angegriffenen Moscheen berichtet, dass viele fremde Menschen kommen und ihn umarmen. Wir lieben dieses Land nach wie vor, sagte er am Samstag, Extremisten könnten das Vertrauen der Muslime in dieses Land nie erschüttern.
Polizei arbeitet mit Hochdruck
"Das ist nicht Neuseeland" steht auf handgemalten Schildern zwischen Blumen, die an Moscheen überall im Land niederlegt.
"Wir denken an auch alle in dieser schweren Zeit."
"Ihr hättet hier sicher sein sollen, aber ihr wart es nicht."
Immer mehr Angehörige erhalten die traurige Gewissheit, dass ihre Männer, Frauen, Kinder unter den Opfern sind. Ein Syrer ist gestorben, der vor einigen Monaten erst mit seiner Familie aus den Wirren des Bürgerkriegs nach Neuseeland kam, einer seiner Söhne ist verletzt, der andere vermisst in der Moschee.
"Die Polizei bemüht sich, alle Leichen zu bergen, Spurensicherung, Gerichtsmediziner, Pathologen sind dabei und alle diese Menschen wissen, wie wichtig es ist für die Familien, dass sie ihre Angehörigen so schnell wie möglich sehen können."
Premierministerin zu Besuch in Christchurch
Premierministerin Jacinda Ardern besuchte heute in Christchurch ein Flüchtlingszentrum, in dem Angehörige von Opfern versorgt werden. Sie lobte das Verhalten der Polizei:
"Sie haben sofort auf den Notruf nach dem Anschlag reagiert, der Verdächtige war 36 Minuten nach dem ersten Anruf in Gewahrsam. Er war mit dem Auto unterwegs und hatte weitere Waffen dort – er wollte die Attacke ganz klar fortsetzen."
Ein Handyvideo zeigt, wie Polizisten auf das Auto des mutmaßlichen Attentäters zustürmen, ein Polizeiauto hatte es gerammt und gestoppt, sie zerren den Mann heraus und zu Boden.
"Wir haben einige Spuren, aber um zu ihrem wichtigsten Punkt zu kommen: Wir möchten der Öffentlichkeit versichern, dass wir niemanden suchen, der eine unmittelbare Bedrohung darstellt. Aber das heißt nicht, dass es solche Personen nicht gibt. Also bleiben wir äußerst wachsam, äußerst präsent, äußerst sichtbar, so stellen wir sicher, dass wir sofort eingreifen können, wenn jemand Unheil anrichten will."
In Christchurch ist viel bewaffnete Polizei zu sehen, Moscheen sind gesichert, bis hier wieder Normalität einkehrt, wird es lange dauern.
Viele der Muslime von Christchurch sind als Arbeiter hierhergekommen, um die Stadt nach dem verheerenden Erdbeben von 2011 wieder mit aufzubauen.