Was hat es mit dem Schweigen und dem Verschweigen im Schreiben auf sich? Wieviel Biografie und wieviel Fiktion steckt in einer Geschichte? Themen, die Judith Hermann in ihren Werken und ihrer diesjährigen Poetikvorlesung umkreist.

"Wir hätten uns alles gesagt – vom Schweigen und Verschweigen im Schreiben": Unter diesem Titel hält Judith Hermann dieses Jahr die traditionsreichen Frankfurter Poetikvorlesungen. Der Konjunktiv im Titel spricht Bände: Wir hätten uns alles gesagt, wenn es denn möglich gewesen wäre. Die Pandemie beeinflusst nicht nur die Art und Weise, wie wir Literatur lesen, sondern auch die Bedingungen ihrer Entstehung und des Austausches über sie. Vieles, was früher selbstverständlich war, ist abhängig von etwas, das aus dem medizinischen Fachdiskurs in die Alltagssprache eingewandert ist: Infektionsgeschehen. Nach zwei Jahren konnte nun wieder eine Poetikvorlesung in Präsenz stattfinden.

Vom Feuilleton gefeiert und wochenlang auf der "Spiegel"-Bestsellerliste, gehört die 1970 geborene Judith Hermann schon lange zur ersten Reihe der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Auf ihren erfolgreichen Debutband folgten weitere Publikationen: die Erzählbände "Nichts als Gespenster" (2003), "Alice" (2009) und "Lettipark" (2016) sowie 2014 der kontrovers diskutierte erste Roman "Aller Liebe Anfang". Für das bisherige Werk wurden ihr u. a. der Bremer Literaturpreis (2022), der Rheingau Literatur Preis (2021), der Erich Fried Preis (2014), der Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg (2009) sowie der Kleist-Preis (2001) zuerkannt.

In der Abschlusslesung im Literaturhaus Frankfurt am 18. Mai las Hermann aus ihren Texten. Das Gespräch mit der Autorin führte die Geschäftsführerin der Frankfurter Poetikvorlesungen Susanne Komfort-Hein. Wir senden einen gekürzten Mitschnitt.

Sendung: hr2-kultur, Spätlese, 14.06.2022, 22:00 Uhr.