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„Das schwankt ganz schön krass“

WIE FREIBURGER MUSIKER·INNEN ÜBER DIE RUNDEN KOMMEN

Fotos: © ProSieben SAT.1 André Kowalski, Christoph Soederdpa, knipserei berthold

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usik ist ein Traum­ beruf. Aber einer, der meist mit viel Aufwand und über­ schaubarem Ein­ kommen verbun­ den ist. Das zeigt die Studie „Pro­ fessionelles Musi­ zieren in Deutsch­ land“. Ein Ergebnis: Nur 30 Prozent aller Musiker·innen kommen ohne zweites Standbein aus. So geht es auch zwei Freiburger Berufsmusi­ ker·innen. Sie berichten im chilli, wie sie ihr Leben finanzieren. Und war­ um es dazu keine Alternative gibt.

2460 Euro netto im Monat. So viel verdienen freiberufliche Musi­ ker·innen im Schnitt in Deutsch­ land. Jeder Fünfte liegt bei weniger als 1500 Euro. Das zeigt die Studie „Professionelles Musizieren“. Sie bietet erstmals einen genreübergrei­ fenden und bundesweiten Über­ blick zu Tätigkeiten, Einkommen und Ausbildungswegen von Berufs­ musizierenden. Der Deutsche Musikrat sieht die Einkommenslage freiberuflicher Mu­ siker·innen kritisch. Generalsekretär Christian Höppner fordert eine bes­ 52 CHILLI CULTUR.ZEIT OKTOBER 2023

von Till Neumann

Pro Konzert bekommt er eine feste sere Bezahlung. Und mehr Wert­ Gage: „Bei einem Dienstleistungs-­ schätzung. Auch im Vergleich zu Festangestellten: Die verdienen mit Covergig schaue ich, dass ich so mit 2940 Euro im Schnitt 480 Euro mehr 400 bis 500 Euro am Abend rausge­ he.“ Bei Herzblutprojekten auch mal im Monat. Der Freiburger Felix Rehmann weniger, weil da das Geld oft reinves­ kann davon ein Lied singen. Der tiert werde. Warum es Honorare in 42-jährige Gitarrist und Bassist lebt der Höhe braucht? „Weil das Kon­ schon ein Leben lang von der Musik. zert nur die Spitze des zu finanzieren­ Was er verdient? „Das ist gar nicht den Eisbergs ist“, sagt Rehmann. so einfach, es schwankt ganz schön Proben, anreisen, Equipment finan­ krass“, sagt Rehmann. Von 1500 bis 3000 Euro brutto rei­ Rehmann arbeitet „Minimum che das Spektrum. Je nachdem, 60 Stunden die Woche“ wie viele Aufträge reinkommen und was dafür bezahlt wird. „Im Wesentlichen habe ich drei zieren, Songs schreiben und aufneh­ Einkommensquellen“, erklärt Reh­ men, sich vermarkten – all das müsse mann. Er spielt in der Metalband mit kalkuliert werden: „Als Selbst­ „League of Distortion“, ist in acht ständiger bezahlt uns keiner unser weiteren Kombos aktiv und unter­ Arbeitshandy, wir bezahlen alles aus richtet zwei Tage die Woche am der eigenen Tasche.“ Mit all seinen Musiclab in Emmendingen. Mit der Tätigkeiten kommt er auf „Minimum pädagogischen Arbeit verdient 60 Stunden pro Woche“. Rehmann sein Grundgehalt: „Das Der Musiker ist dennoch zufrieden: ist das, womit ich safe meine Miete „Ich habe oft das Gefühl, ich habe es und mein Essen bezahlen kann.“ Al­ geschafft: Ey, krass, ich kann vom les, was drüber hinausgeht, ist ein Musikmachen leben.“ Das gehe zwar Bonus: „Wenn ich mir mehr leisten nicht allein mit eigener Musik („das will als den simplen Lebensstan­ gibt es heute nicht mehr“), aber alles, dard, dann muss ich schon gucken, was er mache, mache er gern. ­Teilweise dass ich ein bisschen Kohle damit bleibt sogar etwas für Rücklagen reinfahr.“ ­übrig. Für Rehmann ein Luxus.


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