Fr 3.12.21 // 20 Uhr // Saal & Steam
Literaturfest München 2021

Multidirektionales Erinnern mit Graphic Novels

Mit Hannah Brinkmann, Barbara Yelin & Simon Schwartz

Moderation: Niels Beintker (Bayerischer Rundfunk)

In den Graphic Novels von Hannah Brinkmann, Barbara Yelin & Simon Schwartz werden verdrängte, schmerzhafte und schuldbeladene Erfahrungen einerseits in Nahaufnahmen thematisiert, andererseits entsteht in der zeichnerischen Gestaltung immer wieder Distanz. Hannah Brinkmann erzählt in »Gegen mein Gewissen« (avant-verlag) das Schicksal ihres Onkels, der sich das Leben nahm, nachdem er als überzeugter Pazifist in der Bundesrepublik der 70er Jahre vergeblich versucht hatte, den Kriegsdienst zu verweigern.

»Im Laufe der Arbeit konnte ich durch diese gewisse Distanz etwas besser darauf zurückblicken – und dann eben auch nicht nur diesen sehr persönlichen, sondern auch den politischen Aspekt beleuchten.«

HANNAH BRINKMANN

Barbara Yelins »Irmina« (Reprodukt) zeigte ein atmosphärisch dichtes Bild der schweigenden Gesellschaft in der NS-Zeit. Derzeit arbeitet sie an einer Graphic Novel über die Holocaust-Überlebende Emmie Arbel (Frühjahr 2022, C.H.Beck).

»Manche Schilderungen sind sehr erschütternd, und ich habe beim Zeichnen festgestellt, dass ich manches nicht im Detail zeigen kann, denn man könnte das Anschauen nicht ertragen. Dann versuche ich zeichnerisch Ausschnitte zu zeigen, die erzählen, was geschieht, die aber das Geschehene dabei nicht verfälschen. Ich habe auch immer Emmie Arbels Gegenwart, also den Moment des Erzählens, zwischen die Erinnerungen gewoben. Denn gerade der Blick aus dem Heute macht im Kontrast die Ungeheuerlichkeit des von ihr Erlebten und Erlittenen im Holocaust besonders eindrücklich.«

Barbara Yelin über ihren Comic über Emmie Arbel

Simon Schwartz (»drüben« // »Packeis« // »IKON« // alle avant-verlag) blickt in seinen Comics aus ungewöhnlichen Perspektiven, quasi »von der Seitenbande« auf historische Großereignisse.

»Meine persönliche Meinung ist, dass ein gutes Geschichtsbild durch viele subjektive Meinungen entsteht.«

Simon Schwartz

In dem Band »Nächstes Jahr in. Comics und Episoden des jüdischen Lebens« (Ventil Verlag) sind Beiträge aller drei Künstler*innen vertreten.  Die Comic-Künstler*innen diskutieren mit Niels Beintker über Erinnerungs-Dynamik im Spannungsfeld zwischen Bild und Text.

** Nino Bulling, ursprünglich auch für dieses Podium vorgesehen, musste leider absagen.